Spionieren Jobcenter-Mitarbeiter Leistungsempfänger hinterher?

Haben die Mitarbeiter des Jobcenters Warendorf (Kreis Münster) zu viel Zeit? So schreibt ein Forum-Teilnehmer des Erwerbslosen-Forum Deutschland vom 19. Dezember, dass er einen Auszug seiner Beiträge beim Termin seines Fallmanagement vorgelegt bekommen habe. Ebenso wurde er aufgrund seiner hohen Anzahl der Beiträge (1282) auf seine zu viel verfügbaren Zeit angesprochen. Die Erwerbsloseninitiative Münsterland schreibt gar von Abmahnungen an entsprechende Leistungsempfänger, welche Erlebnisse mit dem Jobcenter Warendorf geschildert haben. Wie es scheint, sieht das Jobcenter die Persönlichkeitsrechte seiner Fallmanagerin in Gefahr.

Jobcenter Mitarbeiter haben keinen Zugang zu sozialen Netzwerken

Eine schriftliche Anfrage beim zuständigen Landrat der Optionskommune Dr. Olaf Gericke nach den Datenschutzbestimmungen, Auftraggeber der „Spionage“, Gründe und Folgen der Vorladungen und den Abmahnungen ergab, dass das Jobcenter den Datenschutzbestimmungen des Sozialgesetzbuches X sowie den entsprechenden Landesbestimmungen unterliegt. Weiterhin teilt Harald Klöpper (stellvertretender Amtsleiter Jobcenter) schriftlich mit, dass die Mitarbeiter des Jobcenters über ihren Rechner keinen Zugang zu sozialen Netzwerken wie Facebook haben. Auch besteht keine Weisung in öffentlichen Netzen „hinter her zu spionieren.“ Die Frage nach den Vorladungen und Abmahnungen bleibt unbeantwortet.

Wahr ist, dass die Mitarbeiter tatsächlich keinen Zugang zu sozialen Netzwerken haben. Hier wird die Firewall der Bundesagentur für Arbeit aktiv. Möglich ist jedoch der Blick in die Erwerbslosen Foren oder ähnlichem. Wahr ist auch, dass die Regionaldirektionen und die Zentralen der Jobcenter hinter Leistungsempfänger als auch hinter den eigenen Mitarbeitern „schnüffeln“, um Beiträge aus Foren zu sammeln.

Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung

Mag vielleicht ein zunehmender Faktor der tödliche Anschlag auf die Mitarbeiterin des Jobcenters in Neuss und die darauffolgenden Hetzjagden sein, verstößt insbesondere die Aufforderung der Unterlassung eigener Beiträge gegen die freie Meinungsäußerung und damit gegen das Grundgesetz §5. Ebenso sind Aussagen über zu viele freie Zeit sehr persönlicher Natur und gehören nicht in ein Gespräch mit dem Fallmanagement oder der Arbeitsvermittlung. Leistungsempfänger, sofern sie sich einen Computer noch leisten können, sind auf Kommunikation und Informationen von außen angewiesen. Die derzeitigen 374 Euro reichen bei weitem nicht aus, um tagtäglich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Auch ist ein Leistungsempfänger nicht dazu verpflichtet, täglich acht Stunden Bewerbungen zu schreiben. Zumal auf der einen Seite der Markt von Arbeitsangeboten dieses nicht hergibt und auf der anderen Seite dieses für die Arbeitssuchenden nicht finanzierbar ist. Also, was tun? Austausch und Informationen sammeln – über das weltweite Netz; und sei es auch über Foren. Sind doch die Informationen von Seiten eines Jobcenters als eher dürftig anzusehen. Und nennen wir doch die Aktivitäten der Forenteilnehmer, Ausgleich des Informationsdefizites und Allgemeinbildung. Traurig ist eher, dass Regionaldirektionen und Zentralen ihre kostbare Zeit für „Spionage“ von Leistungsempfänger und Mitarbeiter aufwenden.

Quellen: Erwerbslosen Forum Deutschland; Erwerbsloseninitiative Münsterland; Email-Anfrage Herr Dr. Olaf Gericke



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1 Antwort

  1. Die Mitarbeiter dürfen also nicht googlen oder auf Facebook gehen – naja, die meisten haben aber eigene Smartphones – die brauchen nicht die Beschränkungen der BA.

    Höre ich einen Namen, darf ich den privat googlen – ich darf alles googlen oder forestlen etc. –

    nur VERWENDEN darf ein Mitarbeiter dann sicher das meiste der Resultate nicht.
    Etwa wenn jemand ausdrücklich für die Unterlagen keine Telefonnummer angibt – dann darf der dienstlich nicht angerufen werden.
    Privat im Prinzip schon – ohne direkte Bewandnis im HartzIV-Geschehen (etwa wenn die Vermittlerin einen Klempner sucht und das zufällig der Aufstocker aus ihrem eigenen Kundenkreis ist, an den sie sich noch erinnert und den sich daraufhin im Internet oder Telefonbuch sucht und findet).
    Sie kann einen schön klingenden Vornamen auch privat recherchieren und dabei zufällig feststellen, dass der Kunde auf der selben Partnerbörse registriert ist und die selbst Musik mag, wie sie auch – was aber auch nicht in die Vermittlungsgespräche reingehört.

    Was ich aber denke, was passieren kann, egal ob mit Erlaubnis der Datenschutzbeauftragten oder ohne:
    Kunden könnten zu Zeiten eingeladen werden, in denen sie anderswo im Netz herumposaunen, gerade auf Urlaub zu sein. Also durch das Bekanntgeben von Daten darf nicht grundsätzlich eine Andersbehandlung erfolgen, sondern nur ein indirektes Nachgehen oder Daraufeingehen.
    Nicht: „Sie schreiben auf facebook, dass sie in Florida sind“ sondern einfach per Post eine Einladung und wenn der nicht kommt oder begründet absagt, Sanktion.
    Das ist bei den „ungerechten Gesetzen“ – sagen wir etwa in der Ortsabwesenheit oder Bedarfsgemeinschaft – in manchen Konstellationen sicher gefährlich,so dass inoffizielle Vorteile oder In-Ruhe-Lassungen wegfallen und man gezielt in die Mühlsteine gesteckt wird (in denen andere Antragsteller gleich landen) während ein anderer gezielt in Ruhe gelassen wird, weil er aufgrund seiner Präsenz auf juristischen Seiten als zu wehrhaft und wenig einschüchterbar eingestuft wird -selbes Psychologisch-Strategische kann sich aber auch schon im Gespräch einstellen.

  2. Schaut mal unter http://jobcenterwarendorf.tumblr.com dort findet man noch weitere Erfahrungen zum Jobcenter Warendorf

  3. Das kann ich bestätigen. Der Landkreis Peine hat im meinem Falle eine Beleidigungsklage erhoben. Weil ich angeblich bei taches-sozialhilde.de etwas zu meinem Fall gepostet hätte. Ich konnte die Klage abwehren, wegen freier Meinungsäusserung usw. War aber nur mithilfe juristischer Trickt möglich. Die wollten mich verknasten. Auch das Gericht. Kosten des Verfahrens ca. 5.000 Euro, zahlt der Steuerzahler. Besonders pikant. Der Betreiber von tacheles-sozialhilfe.de hat dem Kläger nach meiner Kenntnis willig in die Hände gespielt.

  4. Mir ist es egal ob mir die Jobcenter Mitarbeiter hinterherschnüffeln,ich muss ohnehin mein gesamtes Leben offen legen. Zudem habe ich nichts zu verheimlichen, wer sich bemüht auf eigenen Beinen zu stehen und ein paar Nebeneinnahmen ordnungsgemäß angibt , steht doch sofort unter GENERALVERDACHT ein Betrüger zu sein.Bei einem mühselig erworbenen Einkommen von 200.-€ in 3 Monaten mit ordnungsgemäßer Angabe, wird sofort der Leistungsbezug infrage gestellt.Dazu noch eine Weihnachtsansprache des Ministerpräsidenten aus Mecklenburg-Vorpommern, die an Scheinheiligkeit wohl kaum noch zu überbieten ist.
    Die Heimat hat ihren eigenen Klang: http://www.myheimat.de/de–schwerin–74/kultur/die-heimat-hat-ihren-eigenen-klang-d2477447.html

    • @Norbert Höfs, bei solchen Aussagen kommts einem ja wohl extrem hoch:

      Zitat: „Mir ist es egal ob mir die Jobcenter Mitarbeiter hinterherschnüffeln“

      keine Ahnung, wie alt du bist und wie du es schaffst schon die jüngere ost-deutsche Geschichte komplett auszublenden, aber bevor man egal wo etwas schreibt, sollte man doch tunlichst vorher mal den Grips einschalten.

      Ich bin entsetzt!

      Zum Artikel selbst ist eigentlich nur festzustellen, das, wer ob seiner miesen Machenschaften in den Mobcentern ein schlechtes Gewissen hat, der kommt dann auch auf die Idee seinen Opfern in den einschlägigen Foren nachzuspionieren

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