Soziale Auswirkungen der Corona-Pandemie im Hartz IV-Bezug in Hamburg

Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie lässt die SGB II-Quoten (Hartz IV) in Hamburg temporär rotieren und hat im Ländervergleich die schlechteste Entwicklung. Das zeigt ein Gutachten der Universität Bremen. 

Der Bedarf am Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ist wegen der Corona-Pandemie besonders in Single-Haushalten und Haushalten ohne Kinder besonders stark angestiegen. Das zeigen Ergebnisse, die Gutachter der Universität Bremen anhand von Daten der Bundesagentur für Arbeit im Zeitraum vom Juni 2019 bis Juni 2020 gegenüberstellten und mir vorliegt. Demnach stieg der Anteil der Single-Haushalte um elf Prozent und die der Haushalte ohne Kinder um knapp 12 Prozent an. Ähnlich verhielt es sich bei den Schul- und Berufsabschlüssen sowie den akademischen Ausbildungen. Lag der Anteil derer mit einem Haupt- oder Realschulabschluss im einstelligen Bereich, waren es bei der Fachhochschulreife über 21 Prozent und beim Abitur knapp 15 Prozent. Bei den Leistungsberechtigten mit einer akademischen Ausbildung stieg es um 21 Prozent an. Die Bremer Experten bilanzierten jedoch: „Während viele Folgen in den Dimensionen Bildung, Gesundheit und Geschlechterungleichheit nachhaltig wirken können, ist anzunehmen, dass insbesondere der Anstieg der SGB II-Quote nur temporär sein wird, da viele der zusätzlichen II-Leistungsempfänger:innen sich eher durch eine überdurchschnittliche Qualifikationsstruktur auszeichnen.“

Anstieg im Arbeitslosgeld I Bezug

Zudem stellten die Gutachter fest, dass es einen deutlichen Anstieg von Aufstocker:innen beim Arbeitslosengeld I gab (54,8 Prozent). Dies führen sie darauf zurück, „dass viele Menschen mit zuvor niedrigen Einkommen arbeitslos geworden sind“ und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen um ein Viertel zurück gegangen sind. 

Finanzstarke Bundesländer besonders starker Hartz IV Anstieg

[Anm:] Während der Corona-Pandemie gab (und gibt es bis zum 31. Dezember 2021) es einen sog. „Vereinfachten“ Zugang zum Arbeitslosengeld II. Wurden zum einen die eigenen Vermögensverhältnisse heraufgesetzt und die tatsächlichen Mietkosten übernommen, versprach man, die Anträge unbürokratischer zu bearbeiten. Diese Hilfe sollte insbesondere den Soloselbstständigen helfen, die keinen Anspruch auf Soforthilfe hatten, die durch die Bundesregierung zur Verfügung gestellt wurden. Ein Vergleich der bundesweiten SGB II-Quoten durch die Forschergruppe zwischen Juni 2019 und Juni 2020 ergab, dass die Arbeitslosenquoten in den neuen Bundesländern um bis zu vier Prozent rückläufig waren, aber insbesondere in den finanzstarken Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern oder Hamburg überdurchschnittlich stark um bis zu fast neun Prozent anstiegen. Dazu heißt es, dass es auf die Branchenstruktur und deren hohen Bedeutung von Luftfahrt, Tourismus, Gastronomie, Kultur und Freizeit zurückgeführt wird. Aber auch die Betriebsgrößen und die Bevölkerungsdichte spielen eine Rolle, so die Forscher weiter.

Bild: Universität Bremen
Bild: Universität Bremen – Eigene Darstellung

Forscher warnen davor, Corona als „Ungleichheitsvirus“ zu erhöhen – denn soziale Ungleichheit bestand schon vorher

Bereits in der Einleitung stellen die Gutachter fest, dass die Corona-Pandemie die größte globale Gesundheits- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit und eine historische Zäsur darstellt. Beispiellos sei die Pandemie in ihrem Ausmaß und den Mitteln ihrer Bekämpfung in jüngerer Vergangenheit gewesen. Auch wenn es bekannt ist, dass infolge der Corona-Pandemie die Ungleichheit in Deutschland wächst, und die Schere zwischen arm und reich weiter auseinandergeht, warnen sie davor, das Virus als „Ungleichheitsvirus“ zu überhöhen: „Denn die die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich bestand vielmehr schon vor der Pandemie“.

Kurz zusammengefasst kommt das Gutachten zum Ergebnis, dass die Krise bereits bestehende soziale Ungleichheiten verschärfe. Für die Forscher bleibt es in den kommenden Jahren somit zentral, bei weiteren Maßnahmen zur Krisenfolgenbewältigung nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die Entwicklung der sozialen Gerechtigkeit im Blick zu haben. Sie fordern, dass Kinder und Jugendliche eine zentrale Rolle dabei einnehmen sollten. Ebenso sollte bei der Diskussion über die Frage, wer die Pandemiekosten trägt, die Zunahme der Vermögensungleichheit berücksichtigt werden. Dabei verweisen sie auf die Konzepte einer einmaligen Vermögensabgabe. 



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