Wir sagen Nein! Muster einer Verfassungsbeschwerde zu den geplanten Hartz IV Verschärfungen

Justitia

Am 8. Juli 2016 hat der Bundesrat dem „Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht“ zugestimmt. Der Tag der tatsächlichen Umsetzung ist bis dato noch nicht bekannt. Eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger ist ebenfalls noch nicht öffentlich. In der Ausschuss-Drs. 18 (11) 649 heißt es: „Das 9. SGB II-Änderungsgesetz wird voraussichtlich am 01.08.2016 in Kraft treten“ (S. 64).

Die Gesetzänderungen in Hartz IV werden starke repressive Auswirkungen auf die Arbeitslosengeld-II-Leistungsberechtigten haben (siehe hierzu auch vorangegangene Berichte). Die geplanten Änderungen können wir nicht mal einfach so rückgängig machen. Allerdings können Betroffene, die Arbeitslosengeld II beziehen, in den schriftlichen Widerstand gehen und ihren Unmut äußern. Die derzeitige Gesetzgebung bietet eine sog. Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht an.

Demnach kann:

„Jedermann Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben, wenn er sich durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte (Art. 1 bis 19 GG) oder bestimmten grundrechtsgleichen Rechten verletzt glaubt“. 

Die Beschwerde kann grundsätzlich gegen alle rechtserheblichen Maßnahmen der gesetzgebenden, der ausführenden und der rechtsprechenden Gewalt eingelegt werden. Zumeist werden Beschwerden gegen letztinstanzliche Gerichtsentscheidungen eingelegt. D.h. zunächst dann, wenn alle Gerichte bemüht worden sind, um eine Entscheidung zu erhalten. Dem steht eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen Gesetze jedoch nichts entgegen und muss innerhalb von vier Wochen ausführlich begründet eingereicht sein.

Bei Beschwerden gegen ein Gesetz gibt es die sog. „Rechtssatzverfassungsbeschwerde“. Diese Frist beträgt ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Auch hier muss sich der oder die BeschwerdeführerIn selbst, gegenwärtig oder unmittelbar in ihren Rechten verletzt fühlen.

Grundsätzlich muss die Beschwerde schriftlich begründet eingereicht werden. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu auf seiner Seite ein Merkblatt ins Internet gestellt. Aus der Möglichkeit der „Rechtssatzverfassungsbeschwerde“ und der damit verbundenen Einjahresfrist besteht somit genügend Zeit sich das Verfahren genauer anzusehen, um den Voraussetzungen zu entsprechen.

Ausführliche Materialen zum Verlauf der 9. Gesetzesänderung in Hartz IV, wie Anhörungen, Stellungnahmen von Verbänden, Anträge usw. usf. finden sich hier.

Eine Vorlage einer Verfassungsbeschwerde wurde von der Journalistin Susan Bonath erstellt und dient als Hilfestellung. Ziel ist u.a. das öffentliche Interesse herzustellen, als auch Arbeitslosengeld-II-Betroffene zu motivieren, ihren Unmut mit einer Beschwerde gegenüber den repressiven Verschärfungen in Hartz IV in Karlsruhe auszudrücken. Ich denke, es ist wichtig, dass sich viele Betroffene in dieser Form in Karlsruhe „melden“. Gerne argumentiert das Bundesverfassungsgericht mit der Ablehnung einer Verfassungs- oder Rechtssatzverfassungsbeschwerde damit, dass ein mangelndes Interesse der Öffentlichkeit besteht. Lassen wir diese Ausrede nicht zu! Die Verfassungsbeschwerde ist kostenlos.



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