Kritische Mitarbeiter in den Jobcentern – bis das Rückgrat bricht?

Jobcenter Hamburg Bild: privat

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Geschätzte 60 000 Mitarbeiter sind in den rund 340 Jobcentern beschäftigt. Davon entfallen rund ein Drittel der Beschäftigten auf die Kommunen. Der Rest ist mehrheitlich über die Bundesagentur für Arbeit angestellt oder verbeamtet. 60 000 Mitarbeiter in der Arbeitsvermittlung, im Fallmanagement und in der Leistungssachbearbeitung. Deren Aufgabe es ist, die rund 3,3 Millionen Bedarfsgemeinschaften zu betreuen respektive zu verwalten. Ein Job, welcher mit einer Masse an internen Anweisungen, neuen Gesetzen, Emails und internen autonomen Bestimmungen durch die einzelnen Jobcenterzentralen einhergeht. Eine große Mehrheit der Beschäftigten erledigt ihren Job linientreu entsprechend den Anweisungen. Unabhängig davon, ob diese sinnvoll oder gar rechtskonform sind. Der Blick über den Tellerrand wird dabei vergessen.

Kleiner Anteil von Mitarbeitern mit Empathie

Nun gibt es aber einen sehr kleinen Anteil von Mitarbeitern, die genau dieses tun. Es beginnt im Kleinen. Die Mitarbeiter setzen ihre ganze Empathie, Respekt und Toleranz gegenüber den Leistungsberechtigten ein. Ein Versuch etwas Menschlichkeit in das Hartz IV-System einzubringen. Sie evaluieren den Lebensweg ihres Gegenübers und suchen mit ihm gemeinsam den bestmöglichen Weg. So wird über die Zuweisung in eine Maßnahme gesprochen, in einen Ein-Euro-Job oder in die Vermittlung einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit. Ein Weg, in dem zumindest kommuniziert wird. Jedoch ein Weg, insbesondere die Zuweisung in einen Ein-Euro-Job, der keine Perspektive bringt. Nur rund 2 Prozent dieser Billiglohnausbeute münden in ein festes Arbeitsverhältnis. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse auf Kosten der Leistungsberechtigten. Nicht anders verhält es sich bei den Vermittlungsvorschlägen. Sofern überhaupt Vermittlungsvorschläge angeboten werden, liegen diese zumeist im Rahmen der Leih- oder Zeitarbeit. Oftmals gibt die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr her.

Vorschläge, die sich auf einer Niedriglohnebene befinden. Mag noch ein Einzelner mit dem Geld gerade so über die Runden kommen, wird es für eine Bedarfsgemeinschaft ab zwei Personen unmöglich. Die Abhängigkeit von Hartz IV bleibt bestehen. Die Verweildauer in diesem ebenso prekären Arbeitsverhältnis beträgt im Durchschnitt weniger als drei Monate bei über der Hälfte der Arbeitnehmer.

Zeitarbeit lässt eine Existenzgefahr entstehen

Eine weitere Existenzgefahr wird ebenso übersehen: die Berechnung des Einkommens stellt für die Zeitarbeiter und Jobcenter, aufgrund der verschobenen Lohnzahlung zu Mitte des Folgemonats, eine Hürde dar. Hartz IV wird im Voraus bezahlt. Bei Abgabe des Arbeitsvertrages wird sehr häufig ein fiktiver Lohn anhand der angegebenen Monatsstunden im Arbeitsvertrag hoch gerechnet. Unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte einen Einsatz hatte oder nicht. Die Folge daraus ist eine oftmals verminderte Zahlung vom Arbeitslosengeld II oder gar keine Zahlung. Zu diesem Problem kommt die verrutschte Zahlung durch das Zeitarbeitsunternehmen zu Mitte des Folgemonats. Der Leistungsberechtigte steht somit am Ersten des Folgemonats ohne Geld dar. Das interessiert jedoch keinen im Jobcenter. Solange kein Lohnzettel vorliegt, der auch entsprechend erst zu Mitte des Folgemonats kommt, wird keine Berechnung durchgeführt. Eine doppelte Bestrafung bei Verknechtung durch das Jobcenter und dem Zeitarbeitsunternehmen für gewillte Erwerbslose. Ein kurzfristiges und perspektivloses Denken durch die Mitarbeiter der Jobcenter.

Die zweite Riege der Mitarbeiter

Nun gibt es noch die zweite Riege von Jobcentermitarbeiter, welche die Sinnlosigkeit der prekären Beschäftigung verstanden hat. Mit unterstützenden (Bildungs)-Maßnahmen und Vermittlungsvorschlägen ohne Zeitarbeit, versuchen sie vorhandene Vermittlungshemmnisse aus dem Weg zu räumen. Soweit so gut. Wäre da nicht das Machtinstrument der Sanktionen anhand der beidseitigen unterschriebenen Eingliederungsvereinbarung. Und hier hören spätestens das Denken, das Einfühlungsvermögen und das Agieren im Sinne des Erwerbslosen auf. Das Nichterscheinen zu einem Meldetermin wird mit zehn Prozent sanktioniert. Das Nichtbewerben auf Vermittlungsvorschläge wird mit 30 Prozent sanktioniert. Selbstverständlich unter dem Deckmantel des fehlenden wichtigen Grundes durch den Leistungsberechtigten. Druck, Ängste, Misstrauen und Resignation entwickeln eine Eigendynamik und führen zum Teufelskreis. Der bisher motivierte Erwerbslose gibt auf und die Spirale unter Sanktionen, wenig konstruktiver Kommunikation und Frust entsteht.

Die dritte Riege der Mitarbeiter

Neben der ersten und zweiten Riege der Jobcentermitarbeiter gibt es nun die dritte Riege. Eine Riege, welche sich anonym oder öffentlich im Netz zu den Arbeitsbedingungen oder des Hartz IV-Systems äußern. Heftige oder leise Worte im weltweiten Netz. Zumeist nicht neues. Schreiben die Medien, die Foren, die Leidtragenden und Verbände nichts anderes.

Nun stellt sich aber die Frage, warum Mitarbeiter sich anonym äußern müssen. Auf Nachfrage bei den anonymen Schreibern aber auch Nichtschreibern, ergibt sich ein einheitliches Bild. Sie haben bei offener Äußerung große Angst um ihren Arbeitsplatz sowie Angst vor Repressalien durch ihren direkten Arbeitgeber vor Ort, den Standortleitern oder auch Kollegen. Gesprochen wird hier von einer Angst vor Mobbing, Bossing (Schikane durch den/die Vorgesetzten) oder als sogenannter Whistleblower betitelt zu werden. Ist zum Teil diese Angst, insbesondere bei befristeten Arbeitsverträgen nachvollziehbar, ist es ein Unding, sich vor möglichen Repressalien von oben sich nicht äußern zu dürfen.

Grundgesetz

Beschränkung des Grundgesetzes

Unter Berücksichtigung des Artikel 5 Grundgesetz der freien Meinungsäußerung sowie des Artikels 2 der Freiheitsrechte sowie Absatz 2 des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit kann von einer eventuellen Beschränkung durch den Arbeitgeber ausgegangen werden. Ein Druck auf die Mitarbeiter der Jobcenter, der sich durchaus auf die Erwerbslosen auswirkt. Persönliche Unzufriedenheit, Frust und Ängste um den eigenen Arbeitsplatz, schaffen sich Raum. Raum bei den zunächst Schwächeren, den Bittstellern im Jobcenter. Und gleichermaßen bei den Jobcentermitarbeitern. Ein Glück für die, die linientreu sind – denn sie wissen nicht, was sie tun. Kein Gewissen, das plagt. Ein Glück für den Arbeitgeber. Werden doch so, die zum Teil fragwürdigen Praktiken, blind umgesetzt.

Ein gespenstisches Marionettendasein füllt das Büro

Was aber machen die Mitarbeiter, die ihren Gedanken Raum geben wollen? Sie kämpfen für sich oder sie kapitulieren. Somit beugen sie sich dem Druck, dem Mobbing, dem Bossing von oben und machen Dienst nach Vorschrift oder werden krank. Ihr zuvor vorhandener Idealismus wechselt zum gespenstischen Marionettendasein. Andere kämpfen weiter, kennen ihre Rechte und tun dieses aus der Überzeugung, ein kleines Rädchen im System aufzurütteln. Sie wissen um die Kontrollen durch die Zentralen und den nächsthöheren Instanzen und deren Beobachtung. Sie wissen um ihre Abstempelung als Querulant, sie wissen aber auch, dass sie mit ihren Äußerungen einen wunden Punkt treffen. Und so gilt: Getroffene Hunde bellen.

Eine Änderung ist wohl kaum möglich, dafür ist das Jobcenter zu sehr Politik. Und diese kommt bekanntermaßen von oben, einer Demokratie, wo die Rechtsbeugung als erstes durch das Ziel rennt. Aber oftmals reicht ein kleines Epizentrum aus, um ein Erdbeben zu auszulösen. Und bis dahin bleiben sie Querulanten, solange das Rückgrat nicht gebrochen wird.

Quellen: Bundesagentur für Arbeit – Statistik 201212 – Seite 12/22; Der Bundestag-Reform der Arbeitsmarktinstrumente beschlossen; Diskussionspapier Eberhard Einsiedler HPR BA – Seite 4

Siehe auch: Jobcenter-Mitarbeiter werden durch den europäischen Gerichtshof gestärkt



Kategorien:Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter

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1 Antwort

  1. Die „Zeitarbeit“ hat ihre Berechtigung längst verloren. Zum einen werden Mitarbeiter ohne Einsatz recht zügig gekündigt, so daß die Zeiten, da es sich um ein flexibilisierendes, arbeitsmarktpolitisches Instrument handelte, schon lange vorbei sind.

    Zum anderen mißbrauchen die Zeitarbeitsunternehmen die jobbörse als kostenloses Marketinginstrument. Die gemeldeten Stellen sind häufig frei erfunden und dienen lediglich dazu, der Zeitarbeitsfirma den Aufbau eines Bewerberpools für den Fall zu ermöglichen, daß sie irgendwann einmal einen entsprechenden Auftrag an Land ziehen sollte. Oft geben die sich auch gar keine Mühe mehr, dem Interessierten wenigstens noch das Vorhandensein eines konkreten Stellenangebotes vorzugaukeln.
    Unternehmen bedienen sich heutzutage zunehmend Personaldienstleistern, um die Bestimmungen des AGG zu umgehen, ohne sich Schaenersatzforderungen ausgesetzt zu sehen: dem Dienstleister kann man offen „jung, männlich, kostenlos“ vorgeben – solange der etwas Anderes bringt, kommt man mit ihm eben nicht ins Geschäft. Zudem werden bei tatsächlichen Vakanzen oft ein halbes Dutzend oder mehr Dienstleiter beauftragt, was mitunter dadurch auffällt, daß die die Stellenbeschreibung des Auftraggebers wörtlich mit allen Rechtschreibfehlern in ihre Anzeige übernehmen. Daneben sucht der Auftraggeber dann auch noch selbst. So finden sich nicht nur in der jobbörse, sondern auch in Portalen wie Monster und Stepstone vorwiegend Anzeigen von Personaldienstleistern.

    Im Ergebnis sind in der Jobbörse lediglich die 3 Millionen Stellensuchenden eine belastbare Größe, die angeblichen 700.000 offenen Stellen dagegen sehr zweifelhaft. Mehrfachmeldungen desselben Arbeitsplatzes und der Drang zur Füllung der Speicherplätze in den Datenbanken irgendwelcher Personaldienstleister reduzieren das Potential enorm. Dazu kommt selbstverständlich noch die altbekannte Frage, ob eine scheinbar substantielle Ausschreibung tatsächlich die Besetzung einer Vakanz zum Hintergrund hat oder eine besondere Art der Imagepflege darstellt (das Schaffen von Arbeitsplätzen wird von potentiellen Kunden goutiert und Stellenanzeigen werden aufmerksamer gelesen als Werbung für die Produkte des Unternehmens) oder ob man mit der Ausschreibung „den Markt testen“ und das gegenwärtige Stammpersonal unter Druck setzen will.

  2. 2500 Telekom Beamte arbeiten im Jobcenter / ARGE / BA.

    Sie bekommen dort Weihnachtsgeld, im Gegensatz zur Telekom, wo für sie das Weihnachtsgeld gestrichen wurde.

    Jobcenter / ARGE / BA. bezahlt für diese Abordnungen / Versetzungen der Telekom Beamte
    etwa 1/3 der Kosten, als Sachkosten. So sind die Telekom Beamten billiger als Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen oder befristet eingestellte Mitarbeiter.

    Was bitter aufstößt sind die abservierten Kollegen bei der ARGE, weil Telekom Beamte gekommen sind.

    Es klagen aber auch Telekom Beamte vor den Verwaltungsgerichten, wegen diesen Versetzungen und Abordnungen.

    Die BA hat eine Konzernleihe (vivento, ua.) Konzern Telekom genehmigt.

    http://www.prot-in.de/

  3. Reblogged this on monopoli und kommentierte:
    Auf Grundlage der Tatsache, dass es nicht genug Erwerbsarbeitsplätze für alle gibt,
    ist ein Fordern völlig absurd und dient nur einem Zweck, die Demütigung von
    ohnehin armen Leuten zur akzeptierten Normalität in der Gesellschaft zu machen.
    Hier wird nur noch „fehlende Verwertbarkeit der Arbeitskraft“ bestraft.

    Dafür verschwendet man auch mal 60.000 Gehälter plus Unterhalt von Gebäuden
    einer völlig überflüssigen Arbeitslosigkeits-Verwaltungs-Behörde deren einziger Zweck
    wohl nur noch in der verdeckten Subventionierung von Leiharbeitsfirmen besteht.

    Die organisierte Menschenrechtsverletzung ist also ein ziemlich teuer Spass der dazu dient die Löhne unten zu halten.

    Der „Kunde“ ist längst zum „Vogelfreien“ erklärt worden – frei zum Abschuss.
    Und die Hemmschwelle sinkt…
    http://antilobby.wordpress.com/unsozial/rechtsbeugung-bei-arbeitslosen/mobbing-per-gesetz/

  4. 60.000 Sachbearbeiter, die zudem zu einem großen Teil zum Aufseher ernannte Arbeitslose sind – das sind 60.000 Gehälter plus den Kosten für angemietete Räumlichkeiten für eine überflüssige Behörde.
    Der „Steuerzahler“ lässt sich die organisierte Menschenverachtung richtig was kosten.

  5. Menschen, die auch und gerade in den Jobcentern ihre Menschlichkeit nicht verlieren, sondern einsetzen, werden dringend gebraucht.
    JC- Mitarbeiter, die in ihren „Kunden“ den Menschen sehen, mit seinem individuellen Leben, mit seinen Fragen, Noeten und Faehigkeiten und die sich, im engen Rahmen ihrer Moeglichkeiten, fuer diese Menschen tatsaechlich einsetzen, haben jeden Respekt verdient.
    Hartz 4 muss weg.
    Aber es gibt hier ein richtiges Leben im falschen : ob auf der anderen Seite des Schreibtischs einer sitzt, der mich nicht sieht, nicht achtet, nicht anhoert , oder einer, der sich interessiert und bemueht, MACHT EINEN UNTERSCHIED.

  6. Auf Grundlage der Tatsache, dass es nicht genug Erwerbsarbeitsplätze für alle gibt, wirkt dieses Verhalten der Jobcenter jenen gegenüber, denen ihr Gewissen gebietet, sich im Rahmen der Vorgaben so menschlich wie möglich zu verhalten, ganz besonders absurd.
    Vernünftiges und menschlich-moralisch gebotenes Handeln sieht anders aus. Ein solches würde eben gerade die Jobcentermitarbeiter unterstützen, die den Blick für das Ganze nicht verloren haben.
    Jeder Mitarbeiter der Arge steht vor dem möglicherweise größten Problem unserer Zeit: Rückgrat zu zeigen, wenn unsinnige Handlungsvorschläge Menschenleben ruinieren.
    Hartz IV ist eine Absurdität – eine Groteske, beim Blick in die Einzelschicksale.
    Der Jocenter-Mitarbeiter, der sich noch um seine Kunden bemüht, gehört unterstützt. Jene, die gedankenlos sanktionieren – wohl wissend, dass sie ihren Kunden in den meisten Fällen eh nicht zu einer Erwerbsarbeit verhelfen können – müssen erwachen.
    Das System ist krank – jetzt ist der Mensch gefragt.

  7. Ich bin froh auf die Vorkommnisse in den Jobcentern noch nicht wie Bismark antworten zu müssen der da sagte: Nun herrscht ein Heer von Arbeitsscheuen über ein Heer von Arbeitslosen. Das war kurz nach der Machtübernahme Hitlers …
    Und das auch nur deshalb weil es noch verantwortungsbewusste Mitarbeiter zu geben scheint. Ich frage mich wie lange es sie noch geben wird.
    Ich frage mich wann der Zeitpunkt kommt an dem sie sich verstecken müssen? Oder ist das schon so?

  8. Nicht nur das Jobcenter….nicht nur das Jobcenter. Überall, wo Angst und gefügige Mitarbeiter dem AG eine grosse Freude bereiten.

    Das gegenseitige Ausstechen, Pöstchen hier und da, erleben Sachbearbeiter in allen Büros weltweit. Es ist wie eine Religion, du gehörst dazu, oder du machst die Biege. Druck auszuüben, um sich Freiräume zu schaffen, sind längst die Ideologie in dieser Welt. Ansehen durch Schikane längst ein Übel, das ausufert. Hartz hat sich so bewährt, das Merkel in Vavos gerade von schwärmte….

    Was tun als Betroffener, Betroffene, um wieder Fuß zu fassen und dem Elend zu entgehen? Eine Lösung, die nur gemeinsam mit der gesamten Bevölkerung zu lösen wäre, wenn diese sich zu solidarischen Aktionen zusammenschliessen würde, was wiederum kaum möglich ist, da die eigene Angst einen fesselt, was auch Folge der Propaganda und Angstszenarien von Politik und Medien nach sich gezogen hat.

  9. … kleines video mit gedanken zu ralph boes und der jobverlosung auf dem weihnachtsmarkt bendorf…

  10. Die Hemmschwelle, der in den in Jobcenter Beschäftigten, dieses schmutzige Spiel mitzumachen, sinkt mit der ständigen Angst um den Arbeitsplatz, immer weiter. Das zeigt auch ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz, hier verloste (!) ein privater Bildungsträger auf einem Weihnachtsmarkt Dienstleistungen älterer Langzeitarbeitsloser an Firmen. Ins Leben gerufen wurde die Aktion von dem in Bendorf ansässigen Bildungsträger DG Mittelrhein. Also einem privaten Dienstleister. Anstatt sich von der Aktion zu distanzieren, erklärt das zuständige Jobcenter Landkreis Mayen-Koblenz, in einer Stellungnahme „Wir halten die Aktion weiterhin für einen innovativen Ansatz mit Arbeitgebern in Kontakt zu treten“.
    Naja, irgendwelche ethischen oder moralischen Grenzen nach unten scheint es nicht zu geben. Arbeit als sinnentleerter Selbstzweck. Nachdem Arbeitslose wie auch (noch) Beschäftigte jahrelang mittels Hartz IV und neoliberalem Geschwätz bedrängt und bedroht worden sind und werden, ist ja ein Mittel nach dem anderen Recht und billig, Arbeitgebern einen Vorteil zu sichern und abhängig Beschäftigte als Menschen zweiter oder einer weiteren niederen Klasse zu unterwerfen und nutzbar zu machen. Das Goldene Kalb heutiger Zeit scheint gefunden. Würde und Selbstbestimmung hat dank Hartz 4 endlich wieder einen Preis in Deutschland: 382 + ein Dach über dem Kopf. Damit ist der Kandidat vogelfrei. Und ironischer Weise diskutiert man quasi zur gleichen Zeit in den Feuilletons über die Verwendung des Wortes „Negerlein“ in Kinderbüchern. Ob der Niedergang des Abendlandes bevorsteht möchte ich verneinen, wir sind mittendrin. Hurra!!!

  11. es fehlt wie in jeder Branche der Zusammenhalt und die Organisierung und Aufrüttelung der Vernünftigen. Ist es denn in Zeiten des Internets so schwierig kompetente und gleichgesinnte Mitarbeiter in den Jobcentern zu finden und somit gestärkt und gemeinsam Zeichen zu setzen und die Unmenschlichkeit des System offen anzuprangern?

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