Grußwort zur Ausstellungseröffnung: SHEROES – Ikonen des zivilen Ungehorsams
Die Ausstellungseröffnung im Video:
Liebe Angelika Schneider von Maydell, Antonia Kühn, Vertreterinnen und Vertreter des Galerierates, Gewerkschaftsvertreterinnen und Vertreter, Frauen und natürlich anwesende Männer!
Zunächst einen lieben Dank für die Einladung, die ich aus terminlichen Überschneidungen leider nicht wahrnehmen kann.
Ziviler Ungehorsam oder Zivilcourage?
Wird ziviler Ungehorsam häufig gleichgesetzt mit „Recht brechen, um Recht zu schützen“ steht Zivilcourage für einen sozialen Mut, der von vier zentralen Merkmalen gekennzeichnet ist. Diese sind:
- Altruismus
- Solidarität
- Mut
- Tapferkeit
Anders definiert sich ziviler Ungehorsam, der sich den herrschenden Gesetzen gewaltfrei und mit aller Konsequenz widersetzt. Der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas definiert den zivilen Ungehorsam als moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen. Es ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann. Beiden Begriffen kann jedoch eine feste Überzeugung zu einer für sich empfundenen Ungleichheit oder Ungerechtigkeit, Widerstand, sich behaupten oder sich dem Gehorsam zu verweigern zugeordnet werden.
Wo ordne ich mich ein? Schwierige Frage und für mich auch nicht aufzulösen. Aber hier geht es primär nicht um mich, sondern um starke Frauen, die leise oder auch lauter auftreten, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Sie fordern eine (sofortige) Umkehr von Gegebenheiten oder Zuständen für die Gesellschaft. Ganz aktuell erwähne ich hier die Klimadebatte, die durch Greta Thunberg endlich erneut weltweit auf der politischen Agenda steht. Kapitänin und Klimaschutzaktivistin Carola Rackete spricht davon, dass „ziviler Ungehorsam sehr notwendig ist“. Rackete erwähnt weiterhin einen sehr wichtigen Punkt, dass wir „als Bürgerinnen und Bürger mit allem, was wir tun oder auch mit allem, was wir nicht tun, natürlich das aktuelle System unterstützen“. Und für Hannah Arendt ist der zivile Ungehorsam Pflicht. Arendt machte sich nie Gedanken darüber, was Frauen tun sollten oder nicht. Sie machte sich weder Gedanken über gesellschaftliche Klischees noch über das Rollenverhalten der Frau in der Gesellschaft – sie machte einfach immer das was sie wollte. Sehr sympathisch. Und Astrid Lindgren vollzog eine Revolution im Kinderzimmer. Und gerade bei Pippi Langstrumpf wird ihr Zitat: „Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen“ sehr deutlich. Es gibt noch viele Beispiele die genannt werden können und eigentlich täglich auf die Agenda gehören.
Diese Beispiele machen mir deutlich, dass wir Frauen sehr stark sind und doch gleichzeitig diese Stärke potenziert werden muss, um auch als stark und eigenständig wahrgenommen zu werden. Ich selbst erlebe noch immer, dass ich gefragt werde, wie ich die Doppelbelastung als Aktivistin und Haushalt organisiere. Gleichzeitig werde ich öfters damit konfrontiert, dass ich wohl als „Hausfrau“ nicht ausgelastet sei und mein Aktivismus als Ausgleich wähle, um nicht „stricken“ zu müssen. Es ist ein Bild, was nicht nur ich erlebe, sondern noch immer gesellschaftsfähig ist. Frauen haben immer männliche Unterstützung von außen, wenn es nach der normativen Gesellschaftsrolle der Frau geht. Starke Frauen machen Angst und so wird etwas künstlich konstruiert, damit eine Frau nicht als zu selbstbewusst oder stark erscheint. Klappt dieses nicht, so werden andere scheinbare Schwächen gesucht. Bei mir ist es immer das Rheuma und die Gleichsetzung des Intellekts, dass ich als Frau mit körperlichen Grenzen doch nicht so dumm sei. Bei Greta Thunberg ist es ihr Asperger-Syndrom. Und hier müssen wir ran. Wir müssen da ran, wo auch verbale „Gewalt“ oder Sexismus uns versuchen klein zu halten. Wir müssen da ran, dass Männer aufhören, unsere Wörter oder Aussagen 1:1 kopieren, um sich stückweise in ihrem männlichen Narzissmus zu suhlen. Mein Dank an diese Männer, dass nochmals meine Aussagen wiederholt und damit bestärken führte in Versammlungen dazu, dass ich als radikale Feministin bezeichnet wurde.
Ich weiß, dass wir stark sind, dass wir einen bestechenden Intellekt haben und dass wir das sind, was wir sind: Ich bin Ich!
In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine entspannte Ausstellungseröffnung und das Wissen: Starke Frauen braucht und hat das Land!
Herzliche Grüße aus Lüneburg
Inge Hannemann
Kategorien:Ver.di
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