Die Kampagne „Sanktionsfrei“

Sanktionsfrei

Im Februar startete das Crowdfunding für die Kampagne „Sanktionsfrei“, die sich zum Ziel gesetzt hat, Sanktionen in Hartz IV abzuschaffen. „Sanktionsfrei n.e.V.“ ist ein noch nicht eingetragener Verein, der als gemeinnützig anerkannt ist. Die Eintragung ins Registergericht läuft gerade. Neben Inge Hannemann und Michael Bohmeyer („Mein Grundeinkommen“) gehören 12 weitere engagierte Köpfe zum Sanktionsfrei-Team. „Mein Grundeinkommen“ unterstützt, gerade beim Crowdfunding, mit seinen Erfahrungen. Er tritt nicht als Träger auf, sondern ist ein eigenständiger Verein, der unabhängig von „Sanktionsfrei“ agiert.

Nun könnte man natürlich behaupten, niemand, außer der Gesetzgeber kann die Sanktionen abschaffen und dass „Sanktionsfrei“ damit falsche Hoffnung weckt. Das ist aus gesetzgeberischer Sicht richtig, da die Geldkürzungen in den Jobcentern per Gesetz legitimiert sind und unsere derzeitige Regierung krampfhaft daran festhält. Allerdings hat diese Gedankenspirale einen Haken und stoppt jeden Widerstand. Dazu mehr am Ende des Textes.

Was bietet „Sanktionsfrei“?

„Sanktionsfrei“ arbeitet auf mehreren Ebenen. Über eine kostenlose Onlineplattform sollen Arbeitslosengeld-II-Leistungsberechtigte unkomplizierte Hilfe erhalten. Dieses beginnt bereits mit der Möglichkeit Formulare des Jobcenters online auszufüllen. Dort, wo individuelle Unterstützung benötigt wird, werden Anwälte, ehrenamtlich Helfende oder bereits bestehende Beratungsnetzwerke eingebunden. Weiterhin ist das Ziel, dass gegen Sanktionen rechtlich vorgegangen wird. Bisher wehrt sich nur ein Bruchteil der Menschen gegen Sanktionen. Dabei haben Widersprüche und Klagen gute Chancen, da rund 40 Prozent der Widersprüche und Klagen für die Betroffenen positiv entschieden werden. Viele Menschen werden über ihre Rechte nicht aufgeklärt und kennen sie schlichtweg nicht. „Sanktionsfrei“ übernimmt den gesamten Briefverkehr mit den Jobcentern und stellt gleichzeitig Rechtsberatung zur Verfügung. Diese wird durch die Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfe oder im Erfolgsfall direkt von dem unterlegenen Jobcenter finanziert. Hierbei fallen weder erfolgsbasierte Bezahlungen noch Vermittlungsgebühren an.

Durch einen Sanktionsfonds sollen Betroffene den durch Sanktionen gekürzten Betrag ausgeglichen bekommen. „Sanktionsfrei“ möchte den Menschen Mut machen gegenüber den Jobcentern selbstbewusster aufzutreten. Gleichzeitig sollen sie damit gestärkt werden, sich nicht noch um ihr Überleben kümmern zu müssen, wenn ihnen Geld gestrichen wird. Diese Kraft benötigen die Menschen zumeist für sich selbst, ihre Familie oder ihren Tätigkeiten, denen sie nachgehen. Sicherlich wird „Sanktionsfrei“ nicht sofort jede Sanktion auffüllen können. Aber, selbst wenn es zu Beginn nur eine kleine Zahl von vielleicht 100 oder 1.000 Sanktionen sind, deren Wirkung „Sanktionsfrei“ außer Kraft setzt, so bedeutet das für 100 oder 1.000 Menschen eine wichtige Verbesserung in ihrem Leben. Selbst, wenn nur ein Prozent der Betroffenen an dem Solidarfonds teilhaben könnten, wäre das ein Gewinn. Ein Prozent der Menschen, die im Jobcenter selbstbewusster auftreten und dem System die Stirn bieten, können einen enormen Unterschied ausmachen. Denn auch während eines Rechtsstreits haben Betroffene das Recht auf ein sanktionsfreies, menschenwürdiges Existenzminimum!

Was passiert mit dem Geld bei erfolgreicher Finanzierung?

Sobald „Sanktionsfrei“ mindestens 75.000 Euro (Fundingschwelle) an Spenden gesammelt haben, beginnt die Programmierung der Online-Plattform. Zwei Drittel des Geldes fließen direkt in die Programmierung, ein Drittel braucht „Sanktionsfrei“ für den Aufbau der Logistik, für Rechtsberatung und das Campaigning.

Warum dann 150.000 Euro?

Wenn „Sanktionsfrei“ das Fundingziel von 150.000 Euro erreicht, kann die Plattform schneller und mit vielen weiteren Funktionen an den Start gehen. Bis Herbst 2016 wird „Sanktionsfrei“ in jedem Fall mit einer ersten Version online gehen. Der Datenschutz und die Qualität der Beratung sind sehr wichtig. Eine sichere Datenübermittlung zwischen Betroffenen, Beratungsstellen und dem Jobcenter hat höchste Priorität. Daher dauert es seine Zeit und kostet auch einiges an Geld. Aber schließlich geht es um die Sozialdaten von sehr vielen Menschen, die Hartz IV beziehen! Jeder Euro, den wir nicht für die Entwicklung brauchen, fließt in den Solidarfonds, mit dem die Sanktionen ausgleichen werden.

Wie wird sich „Sanktionsfrei“ darüber hinaus finanzieren?

Das Crowdfunding für die Entwicklung der Plattform ist der erste Test, um zu sehen, ob es Unterstützung für die Idee der Solidarität mit Arbeitslosengeld-II-Leistungsberechtigten gibt. Wenn die Idee die Unterstützung erfährt, die sich „Sanktionsfrei“ wünscht und an das Projekt glaubt, wird die dauerhafte Entwicklung und Pflege sowie der geplante Solidarfonds auf Basis von Spenden finanziert.

Weitere Informationen zu diesem Projekt gibt es auf den Seiten  Sanktionsfrei.de sowie auf der startnext.com/sanktionsfrei, der Crowdfundingseite. Beide Seiten stellen das Projekt vor; wobei „sanktionsfrei.de“ das Kernanliegen der Kampagne vermittelt und auf Startnext vorgegebene Fragen beleuchtet werden. Versucht wurde verschiedene Schwerpunkte auf beiden Seiten zu setzen, damit beide Seiten auch gegeneinander jeweils einen Mehrwert bieten und damit überhaupt eine Berechtigung haben.

Dieser Artikel gibt nur grob wieder, was die Grundzüge von „Sanktionsfrei“ sind. Im Grunde genommen geht es um die Existenzberechtigung von Menschen und um die starke Kritik, dass unsere Regierung mit Hilfe des neoliberalen Gedankens und des Kapitalismus die Bestrafung von Menschen und damit ein Leben unter dem Existenzminimum zulässt. Dazu bedarf es eine starke Gemeinschaft und eines Netzwerkes von den bereits bestehenden Beratungsstellen, Anwälten, Foren, Webseiten von Hartz-IV-Aktivisten, Sozialverbänden und Ehrenamtlichen, die seit vielen Jahren aktiv sind. Zum Glück. Grundsätzlich ist es möglich und legitim, jede neue Idee kleinzureden oder mit einem Misstrauen zu begegnen. Kritik, solange sie konstruktiv ist, ist berechtigt, notwendig und wichtig. Ich persönlich bin der Meinung, dass Visionen gelebt werden müssen und zumindest der Versuch gestartet werden muss, diese umzusetzen. Ohne Visionen wäre die Welt um vieles ärmer und viele heutige Rechte wären nicht vorhanden. Auch vertrete ich die Meinung, dass Agieren vor dem Reagieren stehen sollte. Da ich leider davon ausgehe, dass die derzeitige Hartz-IV-Regelung mit all ihren Schikanen und den Folgen die daraus resultieren etabliert bleibt, müssen Wege gesucht werden, gesamtgesellschaftlich Alternativen, Erleichterungen und Hilfen anzubieten. Wenn es eine Gesellschaft schafft, und damit spreche ich auch die Nicht-Betroffenen an, solidarisch miteinander zu sein, schafft sie es auch, in den Widerstand zu gehen. Damit ein Umdenken stattfindet. Auch ohne den Staat dazu zu legimitieren, sich auf seinen Gesetzen auszuruhen und damit die eigentliche Verantwortung eines Sozial- und Rechtsstaates auf andere zu übertragen und sich somit komplett zu entziehen. Mag auch dieses eine Vision oder gar Illusion sein, so glaube ich trotzdem daran.

Es sind noch sechs Tage! Benötigt werden noch rund 13.700 Euro (Stand 25. März), um die Fundingschwelle zu erreichen. Helft mit für eine Solidargemeinschaft zwischen Betroffenen, Nicht-Betroffenen und zukünftig Betroffenen. Es trennen i.d.R. nur zwölf Monate von Hartz IV. Viele haben mit Beträgen bereits unterstützt. Viele Menschen auch die eigentlich kein Geld haben, weil sie von Hartz IV leben. Denen gilt mein besonderer Dank. Viele haben unterstützt, denen es im Vergleich gut geht. Hier gilt mein Dank der Solidarität und dem Erkennen, dass Hartz IV entrechtet, entmündigt, bestraft und zu einer Gesellschaft geführt hat, die sich gegenseitig ausspielt und mit Hartz IV ausspielen kann.

Unser Kampagnenvideo ist hier anzusehen.

Unterstützung von Max Uthoff – „Die Anstalt“ (ZDF)

„Sanktionsfrei“ findet ihr / Sie auch auf Facebook und Twitter und spenden kann man hier.

Für die Unterstützung per SMS sende einfach eine SMS mit folgendem Text an die 81190: sanktionsfrei3 (für 3€) | sanktionsfrei10 (für 10€) | inkl. 0,17 € Servicegebühr.

Auf der Seite „sanktionsfrei.de“ finden sich unter dem Impressum weitere Spendenmöglichkeiten. Zugesagte Spenden über das Crowdfunding werden erst beim Erreichen der Fundingschwelle von 75.000 Euro vom angegebenen Konto abgebucht. Sollte diese Grenze nicht erreicht werden, werden selbstverständlich auch auf anderen Wegen eingegangen Spenden zurück überwiesen.



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