Irrtümer über die Jobcenter – Teil 2

Jobcenter Bild: privat

Jobcenter Bild: privat

Eingliederungsvereinbarung (EgV) muss unterschrieben werden 

Richtig:

Die Sachbearbeiter sind dazu angehalten für alle Arbeitslosen und Arbeitssuchenden eine sogenannte Eingliederungsvereinbarung zu gestalten. In dieser müssen dann die Rechte und Pflichten des Arbeitslosen oder Arbeitssuchenden sowie die Rechte und Pflichten des Jobcenters vermerkt werden. Eine Quote von rund 96 Prozent sollte jeder Arbeitsvermittler erfüllen.

Falsch:

Eine Eingliederungsvereinbarung kann sowohl beidseitig als auch als Verwaltungsakt erlassen werden. Bei der beidseitigen EgV unterschreiben beide Parteien. Also der Arbeitslose, Arbeitssuchende und der Mitarbeiter(in) des Jobcenters. Kommt keine beidseitige Eingliederungsvereinbarung zustande, soll diese per Verwaltungsakt erfolgen. Hier unterschreibt nur der Sachbearbeiter und händigt diese dem Kunden aus.

Fall: Der Kunde verweigert die Unterschrift.

Die EgV soll nun als Verwaltungsakt erfolgen (§15 SGB II) . Er darf NICHT mit Sanktionen drohen. Auch darf er den Kunden nicht sanktionieren, weil er nicht unterschreibt.

Jeder Job muss angenommen werden 

Richtig:

Es gilt das Sozialgesetzbuch II nach §1 „Fördern und Fordern“ und jeder Leistungsbezug muss durch den Arbeitslosen durch seine eigene Kraft vermindert werden.

Falsch:

Der angebotene Job muss zum Kunden passen und darf nicht unter dem durchschnittlichen Lohnniveau des Arbeitsbereiches der vorgeschlagenen Arbeitsstelle liegen.

Fall: Sachbearbeiter bietet dem Kaufmann eine Stelle als Lageristen an.

Kunde muss diese Tätigkeit annehmen, sofern er gesundheitlich dazu in der Lage ist und der Lohn den Mindestlohn von rund 8 Euro beträgt.

Fall: Sachbearbeiter bietet dem Kaufmann eine Stelle als Fahrer an. Der Kaufmann hat keinen Führerschein.

Kunde muss den Job nicht annehmen, da er keinen Führerschein besitzt. Möglichkeit: Das Jobcenter fördert eine Maßnahme zum City-Logistiker, in der der Kunde seinen Führerschein nachholt.

Fall: Sachbearbeiter bietet dem Kaufmann eine Stelle als Dachdecker an. Der Kaufmann hat nachweislich Epilepsie.

Kunde muss den Job nicht annehmen, da die Gesundheitsgefährdung zu groß ist.

Fall: Sachbearbeiter bietet dem Kaufmann eine Stelle mit Fremdsprachenkenntnisse an. Diese hat der Kaufmann nicht.

Kunde muss den Job annehmen und sich selbstständig die fehlenden Kenntnisse aneignen. Förderung zuvor auf Anfrage von Seiten des Kunden durch das Jobcenter möglich (Kannbestimmung). Oder Arbeitgeber beantragt einen Zuschuss für die Weiterbildung des Arbeitnehmers bei der Agentur für Arbeit / Jobcenter (Kannbestimmung).

Jobcenter muss eine Weiterbildung bezahlen 

Richtig:

Es gibt viele Weiterbildungen in den unterschiedlichsten Bereichen.

Falsch:

Kein Sachbearbeiter der Jobcenter muss eine Weiterbildung genehmigen. Das ist eine Kannbestimmung und ist vom Kunden, des aktuellen und voraussichtlichen Arbeitsmarktes, von der Rentabilität und der Chance auf Erfolg abhängig. Es ist eine Kannbestimmung ohne rechtliche Grundlagen. Und somit abhängig vom Willen des Sachbearbeiters sowie der Überzeugungskraft des Arbeitslosen.

Tipp:

Jede Weiterbildung sollte schriftlich beantragt werden. Es entsteht ein Verwaltungsakt und der Jobcentermitarbeiter muss darauf schriftlich reagieren. Für den Arbeitslosen bedeutet dieses, dass er nun das Recht auf Widerspruch erhält.

Jobcenter muss nachträglichen Hauptschulabschluss bezahlen 

Richtig:

Jeder hat das Recht auf einen nachträglich zu erwerbenden Hauptschulabschluss.

Falsch:

Die Jobcenter zahlen nicht den nachträglichen Hauptschulabschluss, sondern die Vorbereitung dazu. Dieses ist im Sozialgesetzbuch III § 51 (3) geregelt. Somit gilt dieses zu den Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen der Agentur für Arbeit. Jedoch gibt es einzelne Maßnahmen zum Erwerb des Hauptschulabschlusses für junge Erwachsene bis 25 Jahren. Diese werden dann über den Bildungsgutschein gefördert und liegt im Ermessen des Jobcentermitarbeiters. Der 2008 versuchte Vorstoß des damaligen Arbeitsministers Olaf Scholz (SPD) den Hauptschulabschluss als Gesetzesgrundlage durchzusetzen, scheiterte.

Ich weise darauf hin, dass diese keine Rechtsberatung darstellt.



Kategorien:Arbeitsmarktpolitik, Jobcenter

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  1. Es fragt sich, ob diese Seite ernstgemeint ist oder eine Realsatire:
    Zitat 1:
    „Eine Eingliederungsvereinbarung kann sowohl beidseitig als auch als Verwaltungsakt abgeschlossen werden.“
    Zitat 1 Ende
    Wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht einvernehmlich vereinbart wird und dann die Rechte und Pflichten mittels eines Verwaltungsaktes festgesetzt werden, dann wird da nichts
    „abgeschlossen“, sondern EINSEITIG ein Verwaltungsakt erlassen, gegen den es im Übrigen sogar Rechtsmittel gibt ! Ein Verwaltungsakt als „abschließung“ zu bezeichnen grenzt schon an Satire. Meint die Verfasserin etwa auch, dass Bußgeldbescheide „abgeschlossen“ werden ?

    Zitat 2:
    „Ebenso kann die EgV jedoch auch als Verwaltungsakt im System der Jobcenter (Verbis) hinterlegt werden. Hier unterschreibt nur der Sachbearbeiter und händigt diese dem Kunden aus.“
    Zitat 2 Ende
    Natürlich wird ein Verwaltungsakt nur von dem Mitarbeiter einer Behörde unterzeichnet! Was soll diese Aussage? Sind schon mal Baugenehmignugen oder Zulassungsbescheide vom Bürger gegengezeichnet worden?
    Dem „Kunden“ ist zu raten, allenfalls seinen Widerspruch zu unterzeichnen und dem Sachbearbeiter gegen Eingangsbestätigung „aushändigen“, denn die meisten Verwaltungsakte, die EGVs ersetzen sollen, sind rechtswidrig 😉

    Zitat 3
    „Der Sachbearbeiter muss nun die EgV als Verwaltungsakt hinterlegen.“
    Zitat 3 Ende
    Grandios falsch! Die Verfasserin weiß offenbar noch nicht einmal eine „Soll“-Regelung richtig zu interpretieren
    Der Sachbearbeiter muss nicht eine EGV durch VA ersetzen, er „soll“ dies nur im Regelfall tun! Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 1 letzter Satz.
    http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__15.html
    Dort steht nämlich „Soll“, wäre er verpflichtet die Pflichten per VA festzusetzen, stände da „hat“ ! Der Sachbearbeiter hat daher in begründeten Einzelfällen von EGV-Verwaltungsakten abstand zu nehmen. Gerichtlich überprüfbares Ermessen !

    Kaufen Sie sich mal Maurer Verwaltungsrecht! Hat mir auch gehelft !

    • Guten Tag Marktzyniker

      Vielen Dank für Ihre ausführlichen Anmerkungen, welche ich gerne umsetze und dementsprechend den Text geändert habe. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, das ich keine Anwältin für Sozialrecht bin und aus der Perspektive der täglichen Anwendung im Jobcenter argumentiert habe. Das heißt, in der Annahme, das viele Leser ebenso keine Anwälte sind und vom „Rechtsdeutsch“ sowie der Behördensprache Abstand genommen habe.

    • Hat nich so wirklich gehelft…

      Soll bedeutet im Sozialrecht soviel wie muss.

      Spielraum gibt es nur bei Kann-Bestimmungen (pflichtgemässes Ermessen).

      „Dort steht nämlich “Soll”, wäre er verpflichtet die Pflichten per VA festzusetzen, stände da “hat”

      „Hat“ wird man im SGB in diesem Zusammenhang nirgendwo finden.

      Würde unter Juristen auch keinen guten Eindruck machen, das ist einfach nur schlechter Stil.

      Mal jemanden Fragen der sich auskennt (Fachanwalt für Sozialrecht) hat mir gehelft,

      kann, muss aber nicht.

  2. Tut mir leid hab ab Punkt „Jeder Job muss angenommen werden“ aufgehört weiter zu lesen.
    Ließ mal bitte das Grundgesetz z.B. Art. 12 …Zwangsarbeit ist VERBOTEN!!!
    Und ließ bitte die UN-Charta von 1948 http://www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html

    Dort wurden die Menschenrechte niedergeschrieben. Menschenrechte sind universell – international.

    Und wir merken uns internationales Recht steht über dem nationalen.

    Bitte erst lesen und dann Unwahrheiten verbreiten 😉

  3. Welcher Mindestlohn?

    Den gibt es doch nur in der Leiharbeit…und da wird das mit Einstufung E1 als Helfer nix mit 8 Euro.
    Berufsschutz gibt es auch nur im ALG1 und das auch nur für sehr eingeschränkt (faktisch gar nicht).

    City Logistiker ist übrigens gut, das sind die Scheinselbständigen die anschließend für 4 Euro die Stunde
    als Scheinselbständige für Hermes und Konsorten anschaffen gehen…..besonders lustig für Menschen
    ohne jegliche Fahrpraxis in einem schwierigen Umfeld wie Hamburg……

    Der 2008 versuchte Vorstoß des damaligen Arbeitsministers Olaf Scholz (SPD) den Hauptschulabschluss als Gesetzesgrundlage durchzusetzen, scheiterte..ah ja.

    Da wäre als nächstes die Frage, was man mit einem solchen Placebo überhaupt anfangen soll.

    Schon ein lustiger Zeitgenosse, unser Scholzomat…wenn man auf rustikalen Humor steht.

    • Der Mindestlohn als Helfer in der Leiharbeit / Zeitarbeit beträgt 7,89 Euro. Ab November 2012 8,19 Euro. Dieses wird auch gezahlt. Wie ich im ersten Fall beschrieben habe, muss auch der Kaufmann den Job als Lageristen annehmen. Damit ist klar, dass es keinen Berufsschutz gibt. Außer es sprechen gesundheitliche Einschränkungen dagegen. Der Lohn als City-Logistiker beträgt bei der DHL rund 9 Euro +. Als Selbstständiger bei Hermes liegt der Lohn bei rund 6 Euro, wenn man die Anzahl der Pakete durch die max. mögliche Stundenanzahl dividiert.
      Freundliche Grüße
      Bloggerin

      • Wieder mal daneben…..im IGZ Tarif wird das nix.

        Ausserdem ist es in der Leiharbeit gag und gäbe, das Überstunden, Anfahrtszeiten zum Entleiher etc.
        nicht korrekt angerechnet werden….der AG wird planmässig beschissen.

        Vom Dauerschmuh mit den Zeitkonten mal ganz zu schweigen….

        Hat man dann auch noch ein Handy ist man in 24 Stunden Rufbereitschaft……..die natürlich NICHT vergütet
        wird……..für Nachtarbeit, Sontagsmaloche. etc gibt es dann 1 Euro und paar zerquetschte Zuschlag.

        „Der Lohn als City-Logistiker beträgt bei der DHL rund 9 Euro +. Als Selbstständiger bei Hermes liegt der Lohn bei rund 6 Euro, wenn man die Anzahl der Pakete durch die max. mögliche Stundenanzahl dividiert.“

        Tja, auch ein Grund warum Leute wütend werden, diese unglaubliche (dümmliche?) Naivität.

        Bei „DHL“, einer Dumpingausgründung der DPAG, arbeiten im Paketdienst fast alle als „Selbständige“.
        Es gibt keinen „Lohn“..erst gar nicht einen „runden“.

        Die Verhältnisse bei Hermes sind spätestens seit diversen Fernsehbeiträgen einer breiteren Üffentlichkeit bekannt…..eine „maximale Stundenzahl“ gibt es bei Hermes ebenfalls nicht, der Fahrer ist „selbständig“ und arbeitet bis zum umfallen.

        Den gesamten Papierkram, den sonst die Personalabteilung erledigt, gibts noch On-Top.

        Selbständige müssen sich auch selber Krankenversichern, dazu kommen die gesamten Betriebsausgaben
        wie Sprit, KFZ-Steuer, Versicherung…Reparaturen.

        Und das Finanzamt will auch bedient werden…..

        Nicht wenige merken nach ein paar Wochen, das sie gar nichts verdient, sondern sogar draufgezahlt haben..

        Nun könnte man sagen, MUSS JA NIEMAND MACHEN, zum Bescheissen gehören ja immer zwei.

        Nur seid ihr es , die diesen grossangelegten Schmuh den Leuten als „CityLogistiker“ etc.
        unterjubeln…..und die dürfen ja nicht ablehnen.

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